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1925

Vor hundert Jahren (1925)

Bernhard Klingenstein

Innenpolitisch ist das Jahr 1925 geprägt vom Ergebnis der Reichstagswahlen am 07. Dezember 1924. Wiederum erreichen die bürgerlichen Parteien der Mitte - Deutsche Volkspartei, Zentrum und Deutsche Demokratische Partei - keine Mehrheit und nehmen Koalitionsverhandlungen mit der Deutschen Nationalen Volkspartei (DNVP) auf. Reichskanzler Hans Luther (parteilos) stellt sein Kabinett vor. Erstmals ist die DNVP an einer Reichsregierung beteiligt. Diese Regierung scheitert bereits am 05. Dezember 1925 nach der durch den Austritt der DNVP-Minister verursachten Regierungskrise. In Folge der Ereignisse tritt Reichskanzler Luther zurück.

Eine weitere innenpolitische Belastung war die durch den Tod des Reichspräsidenten Friedrich Ebert am 28. Februar notwendig gewordene Neuwahl eines Nachfolgers als Reichspräsident. Friedrich Ebert stirbt an einem Blinddarmdurchbruch. Ebert, ausgleichende Kraft in der Republik, hatte wegen eines laufenden Beleidigungsprozesses gegen sich die Behandlung verschleppt.

Beim ersten Wahlgang der Reichspräsidentenwahl am 09. März 1925 erhält keiner der sieben Kandidaten die erforderliche Mehrheit. Angetreten waren Erich Ludendorff (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - NSDAP), Heinrich Held (Bayrische Volkspartei - BVP), Karl Jarres (Deutsche Volkspartei - DVP), Willy Hellpach (Deutsche Demokratische Partei - DDP), Wilhelm Marx (Zentrum), Otto Braun (Sozialdemokratische Partei Deutschlands - SPD) und Ernst Thälmann (Kommunistische Partei Deutschland - KPD).

Im zweiten Wahlgang am 26. April wird Paul von Hindenburg (parteilos) zum neuen Reichspräsidenten gewählt. Er siegt mit 48,3 Prozent knapp vor Marx (Zentrum) mit 45,3 Prozent. Thälmann von der KPD erreicht 6,4 Prozent.

Am 07. Mai 1925 erfolgt die Vereidigung des neuen Reichspräsidenten Hindenburg im Reichstag, obwohl die SPD gegen das Wahlergebnis Einspruch erhoben hat. In ländlichen Gebieten seien vielerorts Wähler mit Entlassungsdrohungen zur Wahl Hindenburgs genötigt worden.

Außenpolitisch war weiterhin die Frage des Abzuges der französischen und belgischen Truppen aus dem Ruhrgebiet bestimmend. Am 10. Januar 1925 verschiebt die Alliierte Kontrollkommission die fällige Räumung der ersten Zone des besetzten Ruhrgebiets mit dem Hinweis, Deutschland habe gegen die Entwaffnungsbestimmungen verstoßen. Der Vorwurf bezieht sich auf die Überschreitung der Ausbildung von Reservetruppen über das zulässige Limit von 100.000 Soldaten hinaus. Daraufhin überreicht am 9. Februar Reichsaußenminister Gustav Stresemann (DVP) der britischen und der französischen Regierung ein Memorandum zu einem Sicherheits- und Garantiepakt. Im Juli räumen dann die französischen und belgischen Truppen das Ruhrgebiet.

Bei der Internationalen Konferenz von Locarno über ein Sicherheitsabkommen in Europa vom 05. 16. Oktober verzichten Deutschland, Frankreich und Belgien auf eine gewaltsame Veränderung ihrer gemeinsamen Grenzen. Die deutsche Ostgrenze ist davon nicht berührt. Ferner werden Deutschland die Aufnahme in den Völkerbund sowie ein ständiger Ratssitz zugesichert.

Am 23. Oktober 1925 gibt die polnische Regierung bekannt, dass sie unter Berücksichtigung der Locarno-Verträge auf weitere Ausweisungen deutscher Staatsangehöriger verzichten werde. In Locarno hatten sich Deutschland und Polen auch zum Verzicht auf eine gewaltsame Veränderung der deutsch-polnischen Grenze verständigt. Hintergrund: Die polnische Regierung hatte erklärt, zum 1. August 1925 die Personen aus Polen auszuweisen, die sich nach den Gebietsabtretungen von 1921 für die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit ausgesprochen haben und die über keinen Grundbesitz verfügen. Gleichzeitig reagiert Polen auch auf die Einführung deutscher Zölle für polnische Steinkohle.

Im November billigt dann der Reichstag mit 300 gegen 174 Stimmen die Verträge von Locarno.

Dennoch war die Rückgewinnung der verlorenen Ostgebiete und Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich weiterhin Ziel der Außenpolitik allerdings mit friedlichen Mitteln. Reichstagspräsident Löbe spricht sich im August 1925 für den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich aus, und Außenminister Stresemann nennt diese Ziele im September als Teil seiner Außenpolitik nämlich Revision der deutschen Ostgrenze, die Rückgewinnung Danzigs und Oberschlesiens sowie den Anschluss Österreichs.

1925 erfolgt auch die Reorganisation der NSDAP durch Adolf Hitler nachdem in Bayern der Ausnahmezustand und das Verbot der NSDAP aufgehoben wurde. Am 26. 2. 1925 erscheint der „Völkische Beobachter" wieder nach seinem Verbot von 1923. Am 27. 2. 1925 erfolgt die Neugründung der NSDAP durch Adolf Hitler in München.       Am 9. März 1925 erteilt die bayerische Regierung Hitler Redeverbot in der Öffentlichkeit, da er in Versammlungen zu Gewalttätigkeiten aufgerufen hatte.  Am 9. November 1925 verfügt Hitler die Gründung der Schutzstaffel (SS), die seinen persönlichen Schutz übernehmen soll. 

Quellen: Entnommen aus Wikipedia; LeMo Jahreschronik – Chronik 1925 Doris Blume / Manfred Wichmann, Deutsches Historisches Museum, Berlin, 2. Mai 2015

Wie war nun die Lage in Trochtelfingen?

 

Im ländlichen Städtchen Trochtelfingen, mit seinen knapp 1200 Einwohnern, ging das Leben nach den turbulenten Jahren der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit wieder seinen gewohnten Gang. Auch wenn die finanzielle Lage der Stadt weiterhin prekär blieb. 

Lehrer Franz Anton Dietrich vermerkt hierzu in seiner Ortschronik von Trochtelfingen:

„Der Gemeindetat belief sich 1925 auf 92 000 RM in Einnahmen sowohl wie in Ausgaben. Von Grund- und Gebäudevermögen sowie vom Gewerbe wurden 200 Prozent des Steuersatzes als Gemeindeumlage erhoben“.

Die weiteren Ereignisse und Schilderungen der Zustände sind nun chronologisch nach seinen Aufzeichnungen wiedergegeben.

 

„Strompreise:

Im Jahre 1925 wurde ein Wohnungsverbrauchstarif eingeführt. Für eine 4 Zimmerwohnung wurden z.B. als Verbrauch 80 kw gerechnet. Diese mußten bezahlt werden, auch wenn sie nicht verbraucht wurden. Was über 80 kw Verbrauch da war, mußte mit 10 Pfg. pro Kilowattstunde bezahlt werden. Je mehr man also verbraucht, desto billiger wird das Licht. Im Jahre 1925 habe ich rund 150 kw verbraucht, weil ich das elektrische Bügeln einrichten ließ. Ich bezahlte für diese 150 kw 47 Mark also kam die KW Stunde auf 31 Pfg. Der Stromverbrauch bei der Landwirtschaft wird nach Hektar bezahlt.“

 

Landwirtschaft

„Im Jahr 1925 war der Obstertrag ganz gering. 1925 wurden über 1000 Ztr. Mostobst eingeführt. 700 Ztr. allein wurden durch den Raiffeisenverein eingeführt, das Übrige durch Private.“

„Honigertrag kaum mittelmäßig. Preis per Pfund 1.60 – 2 Mark.“

 

Waldwirtschaft

„Es hat sich herausgestellt, dass die hiesigen Waldungen in Folge außerordentlicher Hiebe in den Kriegsjahren 1914 bis 1918 nur noch einen ganz minimalen Bestand von schlagbarem Holz aufwiesen. Im Jahr 1925 erhielten die Bürger an Holzgeld in bar nach Abzug aller Unkosten 45 Mark“.

 

Schulwesen

„Im Oktober 1924 wurde als Nachfolger von Hauptlehrer Franz Haug im Amt des Schulleiters der Dienstälteste Lehrer Franz Anton Dietrich hier seit 20. Januar 1892, bestimmt. Am 1. Juli 1925 wurde demselben da inzwischen die Sperrmaßnahmen zur Beförderung gelockert worden waren, die erste und Hauptlehrerstelle mit dem organisch verbundenen Organistendienst übertragen und die Ernennung zum Hauptlehrer rückwirkend zum 01. Oktober 1924.  Zur Verwaltung einer Lehrerstelle wurde der Schulamtsbewerber Johann Bleicher gebürtig von Harthausen bei Feldhausen hierher beordert.“ 

 

 

 

 

Gebäude

„Der Landwirt August Diem erbaute in der Kapellgasse ein Wohn- und Ökonomiegebäude rechts am Wege. Den Bauplatz dazu tauschte er ein gegen Abgabe von einem anderen Wiesengrundstück in der Bitze und einem Aufgeld von 1000 Mark von der Heiligenpflege.

Diem

Kapellgasse 16, ehem. Nr. 362 (Haus Diem)

 

 

Gipser Hermann Ebinger auf dem Weiler Haid erstellte neben seinem im Jahre 1924 erbauten Wohnhaus ein Ökonomiegebäude. 

Haid 12

2016; Haid 12

 

 

 

 

1923 war von den evangelischen Bürgern auf dem Weiler Haid, der ja politisch zur Gemeinde Trochtelfingen gehört, ein neues Schulhäuschen erbaut worden mit einer Lehrerwohnung. Die Schule war vorher untergebracht im Wohnhaus des Landwirts Lamparter. 

Posthaus

1829 als Posthaus in der Haid gebaut, zunächst als Pferdewechselstation {heute Haid Nr. 9}.

 

 

Die Schülerzahl beträgt 6 oder 7. Die Bauern haben dem Lehrer Naturalien zu liefern. Die Barbesoldung erhält er aus Zuschüssen vom Staat, vom Bonifaziusverein und von der evangelischen Kirchengemeinde Trochtelfingen-Gammertingen. Aus diesen Zuschüssen und wohl auch aus Stiftungen werden auch die übrigen Ausgaben für Lehrmittel usw. bestritten. Für die Heizung des Schulhauses bzw. des Schullokals steuert die Gemeinde Trochtelfingen jährlich 6 m Holz bei.“

Schulhaus Haid

2016, ehemaliges Schulhaus auf der Haid 16

 

 

St. Martins-Kirche

„Vom Herrn Stadtpfarrer Güntner, Herrn Landeskonservator Lauer, Herrn Regierungsbaurat und dem Kirchenbauarchitekten wurde festgestellt, daß die nördliche und südliche Seitenmauer etwas gewichen sei. Zur Verhütung eines weiteren Weichens wurden als Notbehelf 3 eiserne Stangen eingezogen mit einem Kostenaufwand von 600 Mark.“

St. Martin Kirche 1965

1965, St. Martins-Kirche nach der Renovierung, die vordere Zugstange ist gut zu erkennen. Bei der Renovierung 2002 wurden die Stangen entfernt.

 

 

 

 

 

Quellen: Lehrer Franz Anton Dietrich, Ortschronik von Trochtelfingen,                   

Rudolf Griener: „Das Leben im Städtle“, Trochtelfingen 1900 - 2000 wikipedia: LeMo Jahreschronik – Chronik 1925

Fotos: Sammlung GHV-Trochtelfingen

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